Es ist kein Geheimnis, dass viel Geld in London zirkuliert. Es ist auch kein Geheimnis, dass Geld ein "scheues Reh" ist, diese Floskel wird in Finanzkreisen immer gern bemüht. Was also, wenn es zum Brexit käme, zum Austritt der Briten aus der Europäischen Union? Ernsthaft vorhersagen kann das niemand, zumal Testumfragen und Buchmacher immer wieder mit wechselnden Ergebnissen aufwarten. Flöhe das scheue Geld ins schützende Unterholz Kontinentaleuropas? Wer weiß. Zumindest ist das Referendum ein Anlass, darüber nachzudenken, wo in Europa die reichsten Banker wohnen. Denn die Banken sind es, die im Fall eines Brexits vielleicht aus London nach Frankfurt übersiedeln könnten, um ihre Geschäfte weiterhin reibungslos abwickeln zu können.
Europas Bankaufseher zumindest haben dazu im März einen 88-seitigen Bericht vorlegen, der auf Zahlen des Jahres 2014 fußt, es aber dafür in sich hat. Denn unter anderem belegt die Erhebung der European Banking Authority (EBA), dass Rekordgehälter in der Bankenindustrie noch immer vorkommen, trotz der regulatorischen Bemühungen von Europas Regierungen.
Mehr als eine Million Euro im Jahr zu verdienen, geht nämlich noch immer. 2014 war das bei 3865 Bankern der Fall, im Vorjahr bei 3176. Die meisten der dergestalt wohlbestallten Angestellten arbeiten im Investmentbanking, wo es um die großen Deals und die großen Boni geht. Das sorgt unter anderem dafür, dass einer der Finanzexperten der Deutschen Bank mehr verdient als sein Vorstand John Cryan. Ein europaweiter Trend.
Die kleinen Exoten ...
Zypern und Banken: Schlagzeilen machte eher der Banken-Run des Jahres 2013, als Menschen versuchten, ihr Erspartes zu retten.
Foto: PATRICK BAZ/ AFPIn jenen Ländern mit wenigen Einwohnern oder einer schwachen Bankenindustrie sind solche Großverdiener naturgemäß selten. In Kroatien zum Beispiel findet sich einer, auf Zypern und in Finnland 4. Dänemark wartet mit 37 solcher Banker auf.
Jener Kroate verdiente 2014 übrigens 570.233 Euro Fix-Gehalt, 570.000 Euro erhielt er in variablen Bezügen. Was sein Salär auf 1.140.233 Euro treibt. Den Namen verrät die Aufstellung der Behörde indes nicht.
Das reiche Frankreich ...
Paris: Eleganz allein reicht nicht für einen Platz ganz oben
Foto: CorbisMehr der Großverdiener sind in Frankreich zu finden, in Zahlen 171. 13 von ihnen arbeiten im Assetmanagement, 4 im Retail-Banking, 22 sind im M&A-Geschäft aktiv - und mit 116 die Mehrheit im Investment-Banking.
Im Schnitt und der Summe von festen und variablen Gehaltsbestandteilen verdienten jene Investment-Banker 1.590.079 Euro.
Was ist mit Deutschland?
Verschwommenes Frankfurt: Die Zahl der Topbanker nahm offenbar ab
Foto: Frank Rumpenhorst/ picture alliance / dpa242 Banker sind es in Deutschland, die die Schwelle von einer Million Euro überschreiten. Im Vorjahr waren es übrigens mehr, nämlich 397. Warum diese Abweichung vom europaweiten Trend stabiler Einkommensmillionärszahlen? Weil britische Banken ihre Zweigstellen zurückgeschnitten hätten, schreibt "The Guardian" dazu.
Gut leben lässt es sich hierzulande aber dennoch, wenn man zum Beispiel im Management arbeitet. Das machen 114 im Vergleich zu 82 Investmentbankern. Und bekommt dafür im Schnitt 1.774.104 Euro und damit etwas mehr als die Kollegen des Investment-Bankings (1.633.030 Euro).
Die Iren!
Bank of Ireland: Herrin über das Finanzsystem der grünen Insel - im weitesten Sinne
Foto: APIn Irland gibt es immerhin 24 dieser privilegierten Banker, in Liechtenstein 6 und in Luxemburg 27.
Im Investment-Banking? Nein, vor allem in Managementfunktionen. Im Schnitt und unter Zusammenrechnung der Gehaltsbestandteile wurde man dort mit 2.065.343 Euro entlohnt. Alles kleinteilige Zahlen, wenn man in das europäische Land mit den meisten Einkommensmillionären unter den Bankern blickt.
Und natürlich London!
Canary Wharf: Unter anderem dort schlägt das Herz der britischen Finanzindustrie
Foto: KIERAN DOHERTY/ REUTERSIn Großbritannien sind es 2926, fast dreimal so viel wie im Rest der EU zusammen, wie "The Guardian" nicht ohne Stolz notiert. Im Vorjahr waren es 2086. Und die Mehrheit, nämlich 2075 arbeitet im Investment-Banking. Dort geht man am Jahresende mit einem statistischen Gesamtgehalt von 1.906.719 Euro nach Hause. Nach Hause, das ist in aller Regel London.
Kein Wunder, dass sich bei diesen Zahlen die Kritiker zu Wort melden. "Als hätte es die Kreditkrise nie gegeben", heißt es zum Beispiel vom Trades Union Congress, dem Dachverband der Gewerkschaften Großbritanniens. Und Paul Marsland, seines Zeichens Vize-Chef des Thinktanks High Pay Centre, sagt, das schnelle Wachstum innerhalb eines Jahres sei überraschend. Dabei hatten die Regulatoren doch versucht, die Risikonahme zu drosseln. Und ausgerechnet im Investment-Banking, in dem traditionell hohe Risiken eingegangen würden und das einem hohen Maß an wirtschaftlicher Unsicherheit ausgesetzt sei, legten die Zahlen nun zu, zeigt sich Marsland verwundert.
Aufsicht zufrieden?
Genau hingeschaut: Wo sind die Unregelmäßigkeiten?
Foto: REUTERSDie Bankenaufsicht wollte mit der Erhebung naturgemäß nicht einzelne Banker maßregeln, sondern zum Beispiel überprüfen, wie die Bonus-Regeln das Bankengeschäft verändert haben. Offenbar wenig. Zwar sei das Verhältnis zwischen Bonus und Festgehalt deutlich gesunken, von 314 Prozent im Jahr 2013 auf 127. Boni sind damit nicht mehr dreimal so hoch, sondern nur fast so hoch wie das Festgehalt.
Und die drohende Kostenbelastung für die Banken durch höhere Fixgehälter blieb aus. "Die Banken sagten währen der Gesetzesberatungen, eine Begrenzung der Boni würde sehr negativ für sie sein mit Blick auf Kostenflexibilität und Finanzstabilität", sagte Bernd Rummel von der Bankenaufsicht EBA. "Wir haben das untersucht und fanden nur einen sehr geringen Anstieg der fixen Verwaltungskosten und keine großen Einfluss." Den hochbezahlten 3865 kann es vermutlich egal sein.
Author: Michael Bryant
Last Updated: 1702513562
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